Bergwerk Ewald

Warum auch ein Artikel über die Zeche Ewald? Da gibt es ganz persönliche Gründe: mein Schwiegervater war dort als Vermessungsbeamter von Herbst 1962 bis September 1988 tätig, vorher auf König Ludwig und mein Ehemann war dort Schlosser und Materialzähler von September 1979 bis Dezember 2000. Und ich? Ich wohne in Herten direkt "um die Ecke" und der Bergbau war schon immer einer meiner Interessengebiete.

Helmut Barz
Am 14.01.1871 wurde die Gewerkschaft gegründet. Die Hauptgründer waren Ewald Hilger und Wilhelm Hagedorn aus Essen. Nach ihnen wurde auch die Schächte I und II benannt.

Das Grubenfeld der Zeche Ewald markscheidet nördlich mit Schlägel & Eisen (Hibernia) und General Blumenthal (Hibernia), östlich mit Recklinghausen (Harpener B. A. Gesellschaft.), südlich mit Graf Bismarck und westlich mit Hugo (Harpener Bergbau-A.-G.).

Die Abteufarbeiten für Schacht I (Hilger) begannen im Jahre 1872 und 1873 erreichte Schacht I das Karbon bei 297,4 m. Auf einer Teufe von 464 Metern wurde im Jahre 1876 ein abbauwürdiges Kohlevorkommen entdeckt und ein Jahr später die Förderung aufgenommen.

Leider war die Lage des Schachtes ungünstig gewählt. Allseitig war er im Bereich des Schachtes durch Verwerfungen abgeschnitten, so daß die Gewerkschaft sich gezwungen sah, ihn tieferzuteufen.

Im Jahre 1884 war der Schacht mit 624 m der tiefste im Ruhrgebiet, doch waren durch diese große Teufe die Arbeitsbedingungen untertage erschwert durch Wärme. Erst durch das Niederbringen des zweiten Schachtes (Schacht Hagedorn, Teufbeginn 1888) besserte sich die Bewetterung.

Zu dieser Zeit belasteten aber nicht nur die schlechte Wirtschaftslage und technische Schwierigkeiten das Unternehmen sondern auch vermehrte Wasserzuflüsse. Als Besonderheit sei hier zu erwähnen, das eine Planänderung des Straßenbaus dazu führte, daß der Schriftzug auf dem Turm auf der falschen Seite plaziert wurde. Das Bauvorhaben sah ursprünglich einen anderen Straßenverlauf der Ewaldstraße vor. Im Jahre 1890 erreichte Schacht II das Karbon bei 300m und 1892 nahm er die Förderung auf und Schacht I wurde Wetterschacht.

 



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Im Jahre 1895 begannen die Teufarbeiten für Schacht III (Schürenberg, benannt nach dem Gewerken Wilhelm Schürenberg aus Essen) in Gelsenkirchen-Resse und IV (Waldhausen, benannt nach dem Gewerken Konsul Rudolf Waldhausen). Schacht III erreichte das Karbon bei 328 m im Jahre 1896 und ein Jahr später wurde die Förderung aufgenommen. 1898 ruhten die Teufarbeiten kurzfristig für Schacht IV.

Im Jahre 1904 erwarb die Gewerkschaft Ewald in Herten die Zeche Eiberg mit fünf Schächten, da die Betreibergesellschaft der kleinen Ruhrzeche vor der Zahlungsunfähigkeit stand. Gemäß Beschluß der außerordentlichen Gewerkschaftsversammlung vom 28.3.1904 wurde das gesamte Bergwerks- und Grundeigentum der Zeche Eiberg bei Essen Steele für 3,5 Millionen Mark und Übernahme der Verbindlichkeiten dieser Gewerkschaft in Höhe von etwa 1800 000 M, sowie der Beteiligungsziffer beim Rheinisch-Westfälischem Kohlen-Syndikat (RWKS) in Höhe von 390 000 t angekauft. Der in Überruhr gelegene Schacht Hermann der Zeche Eiberg wurde wegen der Minderwertigkeit der dort anstehenden Kohlen sofort stillgelegt, am 1. April 1914 auch Schacht Eiberg selbst.

Im Jahre 1907 begannen die Teufarbeiten für Schacht V etwa 2000 m nordöstlich von Schachtanlage I/II als Wetterschacht für die Bewetterung des Nordostfelds, zwei Jahre später nahm er seine Arbeit auf. Die Teufarbeiten für den zweiten Wetterschacht Schacht VI begannen 1911, er wurde 600 m südöstlich von der Schachtanlage III/IV niedergebracht. Zwei Jahre später war er bis zur 2. Sohle in Betrieb.

 

Schacht Hagedorn
Haupteingang mit Blick auf Schacht Hagedorn
(© Fotosammlung Barz/Berg,
aus dem Nachlaß Helmut Barz)
Malakow-Turm, Bergwerk Ewald
Malakow-Turm Schacht Hilger, 90er Jahre,
Betrieb als Wetterschacht
(© Fotosammlung Barz/Berg)
Malakow-Turm, Bergwerk Ewald
Der Malakow-Turm im heutigen Zustand
(© Michaela Barz-Berg
Fotosammlung Barz/Berg)

Am 1. Oktober 1913 kam auf Schachtanlage Hilger & Hagedorn eine kleine Kokerei mit einer Batterie von 60 Koksöfen mit Nebenproduktengewinnung in Betrieb. Das Kohlensyndikat bewilligte hierfür vorläufig eine Beteiligungsziffer von 90 000 t. Die Kokerei wurde nach einem Produktionsnachweis stillgelegt. In diesem Zuge konnte die Kokerei auf Ewald-Fortsetzung erweitert werden. Diese Kokerei wurde im Jahre 1911 bestehend aus 75 Koppers-Regenerativöfen, Nebenproduktengewinnung und eine Benzolanlage errichtet und bereits Anfang Oktober 1912 um eine Koppers-Regenerativöfen-Batterie mit 60 Öfen erweitert. Ende 1912 wurde die Teerdestillation eingeweiht und November 1913 die Benzolfabrik ausgebaut. Die Teerdestillation mußte kurze Zeit später wegen Errichtung einer dritten Koksofenbatterie verlegt werden. Diese dritte Ofenbatterie konnte nur errichtet werden, weil man mit der Stillegung der kleinen Kokerei auf Schacht Ewald I/II die Koksbeteiligungsziffer auf die Kokerei Ewald-Fortsetzung transferiert hatte. Es wurden nun auf Ewald Fortsetzung 195 Koksöfen mit Nebengewinnung betrieben und man hatte eine Gesamt-Koksbeteiligungsziffer von 300 000 t. Die kleine Kokerei war somit eine "Syndikatskokerei": ihre Errichtung hatte nur den Zweck, eine höhere Beteiligungsziffer von der "Commission zur Feststellung der Beteilungsziffern" zugeteilt zu bekommen, um einen größeren Absatz zu ermöglichen.

Das Bergwerk Ewald bestand in den 20er Jahren demnach aus zwei Doppelschächten I/II (Hilger & Hagedorn) und III/IV (Schürenberg & Waldthausen), von denen der erste Schacht (Hilger) im April 1876 bei 487 m Teufe die Kohlenförderung begann, während Schacht IV bei 596 m Juli 1899 in Betrieb kam. Schacht V und VI waren Wetterschächte.

Am 16. Oktober ereignete sich auf der Schachtanlage I/II ein Unfall durch Seilriß, der drei Todesopfer zur Folge hatte.

Im Jahre 1928 wurde der Förderschacht II umgebaut. Hierdurch wurde Schacht V im Katzenbusch, zunächst nur als ausziehender Wetterschacht und zur Seilfahrt geplant, kurzzeitig zum Förderschacht. Das erklärt auch, warum dieser Wetterschacht über einen Gleisanschluß verfügte.

 

Helmut Barz
Am Kartenschrank, im November 1973
(© Fotosammlung Barz/Berg,
aus dem Nachlaß Helmut Barz)
Helmut Barz
Auf dem Parkplatz der Zeche, Ende der 60er Jahre,
(© Fotosammlung Barz/Berg,
aus dem Nachlaß Helmut Barz)
Helmut Barz
Helmut Barz in der Markscheiderei, November 1973
(© Fotosammlung Barz/Berg,
aus dem Nachlaß Helmut Barz)

Die Zeche Ewald verfügte seit 1907 über eine eigene elektrische Zentrale auf Schacht I/II bestehend aus einem Turbogenerator von 2400PS Leistung. Sämtliche Schachtanlagen Schürenberg und Waldthausen, die Wetterschächte und auch Ewald-Fortsetzung wurden von hier aus durch ein Starkstromkabel mit elektrischer Kraft versorgt. Eine zweite elektrische Kraftanlage von gleicher Größe kam 1909 in Betrieb.

Grubenabteilungen: Schachtanlage I (Hilger), II (Hagedorn)und Schacht V (Wetterschacht) mit Anschlußstation Recklinghausen-Süd bestand aus drei Schächten: größte Teufe (1921) 752 m (Schacht I), 821 m (Schacht II) und Wetterschacht Schacht V 598,5m von denen Schacht I und II zur Förderung, Seilfahrt, Wasserhaltung und als einziehende Wetterschächte dienten. Im Schacht V ziehen die Wetter mit Hilfe zweier Ventilatoren System Rateau aus. Querschnitt des ausziehenden Schachtes V 19,6 m², Tiefe 483 m. Minütlich zogen 13000 m³ Wetter ein und 11200 m³ an Schacht V und 2500 m³ an Schacht VI aus. Es wurden 9 Flöze auf 4 Sohlen gebaut. Der Abbaubetrieb wurde stets modernisiert, schon 1910 kamen Schüttelrutschen und Bänder zum Einsatz. Auf der Schachtanlage befanden sich eine Zentraloberflächenkondensation und eine Ringofenziegelei. Die Schachtanlage I/II war mit Schacht III/IV auf der 580m-Sohle durchschlägig.

Schachtanlage III (Schürenberg) und IV (Waldthausen) und Schacht VI (Wetterschacht) mit Anschluß-Station Recklinghausen-Süd bestanden aus 3 Schächten von denen 2 zur Förderung und Seilfahrt dienten. Die größte Teufe im Jahre 1921: 817 m. Die Wasser laufen den Wasserhaltungsmaschinen der Schachtanlage I/II zu. Es werden 8 Flöze auf 3 Sohlen gebaut.

 

Zentralförderschacht VII, Bergwerk Ewald
Zentralförderschacht VII heute
(© Michaela Barz-Berg, Fotosammlung Barz/Berg)
Im Lichthof, Bergwerk Ewald
Im Lichthof: rechts die Steigerstuben
(© Michaela Barz-Berg, Fotosammlung Barz/Berg)
 Fensterbild im Lichthof, Bergwerk Ewald
Fensterbild im Lichthof
(© Michaela Barz-Berg, Fotosammlung Barz/Berg)

Schacht VI war als ausziehender Wetterschacht mit zwei elektrischen Ventilatoren System Rateau ausgestattet. Querschnitt des Wetterschachtes: 28,77 m², Durchmesser 6 m. Teufe bis zur Wettersohle: 485 m. Minütlich zogen 9100 m³ Wetter ein und 12100 m³ aus, davon 2500 m³, die in Schacht I und II einzogen. Auch hier befand sich eine Zentraloberflächenkondensation und eine Ringofenziegelei. Schacht VI diente als Wetterschacht für Schacht III/IV und des Südfeldes von Schacht I/II.

Das Bergwerk verfügte im Jahre 1921 über 873 Wohnhäuser mit 2956 Wohnungen für Beamte und Arbeiter und die Gewerkschaft hatte eine Unterstützungskasse für die Bergarbeiter eingerichtet. Milch-Ausschankstellen waren auf den Schachtanlagen I/II und Ewald Fortsetzung vorhanden.

Im Jahre 1930 wurden 280 Kuxen von der Gewerkschaft König Ludwig angekauft. Seitdem befanden sich die Zeche Ludwig unter gemeinsame Leitung beider Gewerkschaften.

 



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Die Teufarbeiten für den Zentralförderschacht Schacht VII begannen im Jahre 1940 untertage zwischen der 700m-Sohle und 800m-Sohle. Durch den Krieg ruhten die Arbeiten von 1944 bis 1948. Der übertägige Ausbau des Schachtes mit Doppelbockfördergerüst und den dazu gehörenden Tagesanlagen wurde ab 1949 fortgesetzt. Ein Jahr später wurde bei 297 m das Karbon erreicht und m Jahre 1955 konnte die Förderung aufgenommen werden. Schacht VII diente nun als Zentralförderschacht für das gesamt Bergwerk Ewald. Schacht I wurde Mitte der fünfziger Jahre zum Wetterschacht umgebaut. Ab Ende der 60er Jahre förderte die Zeche hauptsächlich Kokskohlen für die RAG-Kokereien, denn die "Ewald Kohle AG" wurde 1969 von der RAG (Ruhrkohle AG) übernommen. Kokskohle war die rentabelste Kohle denn Hausbrand und Brikettierung verloren nach und nach ihre Bedeutung auch durch die fortschreitende Elektrifizierung der Deutschen Bahn und Fortfall der Einzelofenheizung.

Am 14. Dezember 1971 ereignete sich ein Grubenunglück durch einen Gebirgsschlag im Südfeld in einer Flözstrecke des Flöz B, daß als Aufhauen aufgefahren war. Es forderte sieben Tote und drei Verletzte.

Am 1. Oktober 1974 wurde die Zeche Recklinghausen übernommen und der Zentralförderschacht VII auf Skipförderung umgestellt.

 

Zentralförderschacht Ewald VII
Zentralförderschacht VII der Zeche Ewald
(© Sammlung Barz/Berg)
Ewald Schacht II
Schacht II (Hagedorn) der Zeche Ewald
(© Sammlung Barz/Berg)
Skipförderung
1974 wurde Schacht VII auf Skipförderung umgestellt
(© Sammlung Barz/Berg)

Am 1. Januar 1989 erfolgte die Zusammenlegung der Bergwerke Ewald und Schlägel & Eisen zum "Verbundbergwerk Ewald/Schägel & Eisen" und acht Jahre später die Zusammenlegung der Bergwerke Hugo/Consolidation und Ewald/Schlägel & Eisen zum Bergwerk Ewald-Hugo. Es kam wie es kommen mußte: die letzte Förderung auf Schacht VII erfolgte am 28. April 2000 und im Frühjahr 2001 die endgültige Stilllegung der Zechenanlagen.

 

Helmut Barz   Helmut Barz

 

Quellennachweis:
  1. Baedekers Jahrbuch für den Oberbergamtsbezirk Dortmund, Essen, Jahrgänge 1913/21, 1934
  2. Verschiedene Unterlagen aus dem Nachlaß Helmut Barz


© Michaela Barz-Berg

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Links: Grubenwehrtrupp der Zeche Ewald I/II/VII (© Fotosammlung Barz/Berg, aus dem Nachlaß Helmut Barz)
Rechts: Erinnerungsfliese zum 28. Grubenwehrausdauerlauf 12. Juni 1994, angefertigt von Helmut Barz
(© Sammlung Barz/Berg, aus dem Nachlaß Helmut Barz)
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